Villa Mare
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 am 29.09.2006 um 06:59.

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viernes, 20. diciembre 2002

Coming home


Den ganzen Weg durch die kalte unfreundliche Stadt bin ich gelaufen,

sagt irgendjemand, niemand im besonderen. es hallt ein bisschen in den leeren raum. oder auch nicht. so leer ist er gar nicht, der raum.

unter dem mond, unter den sternen. an jeder ecke hab ich nach dir ausschau gehalten. ich war so sicher, dich irgendwo zu finden. obwohl du doch gar nicht da bist. oder vielleicht doch. was weiss ich schon.

im spiegel neben den bücherregalen etwas wie eine bewegung. verschwommen. kommt näher. tritt dann aus dem spiegel: in den raum.

das ist die wahrheit. unsere wege haben sich nicht gekreuzt. ich habe nicht deinen arm genommen. du hast nicht geweint. worüber auch?

ein paar schritte nur durch den raum auf die terrasse. draußen ist es wärmer als drinnen. auch ein traumkörper genießt die wärme nach einer eiskalten nachtwanderung.

obwohl niemand in der nähe zu sein scheint, steht eine schönkühle flasche chardonnay auf dem tisch. zwei gläser.

wen erwarten wir denn noch?

die villa antwortet nicht, und sonst auch niemand. eine hand, ein glas. goldener herbst füllt den mund. es bleibt still. nur das meer, da unten, und ein windhauch in den olivenbäumen.

du kannst gar nicht gelächelt haben, als wir uns getroffen haben. wir haben uns doch gar nicht getroffen. deshalb hast du mich auch nicht auf ein glas wein eingeladen. deshalb kann der wein auch nicht so schlecht gewesen sein, dass wir stattdessen bier bestellt haben.

und ich habe nie deine finger betrachtet, wie sie um das bierglas streichen. und nicht die härchen auf deinen armen gezählt.

und ich habe auch ganz bestimmt nicht blöde an der zigarettenschachtel gespielt, bis nur mehr ein halber zentimeter dazwischen war. zwischen deinen und meinen händen. gleich neben der kerze. das kann ich gar nicht getan haben. weil wir gar nicht da waren.

eine möwe kreist und läßt sich dann fallen, aufs meer zu, hat sie den fisch erwischt oder ist das nur ein schatten? schatten. unter dem sonnenschirm ein liegestuhl. das weinglas leicht ans brustbein gedrückt. ein lichtstrahl verfängt sich darin.

du hast mir nicht von ihr erzählt, wie sie dir fehlt. nicht heute nacht. du hast den kopf nicht in den nacken gelegt und eine rotzige bemerkung über die 70erjahre kassettendecke gemacht, damit das feuchte in deinen augen nicht überlaufen kann. ganz bestimmt nicht. wir haben uns doch gar nicht getroffen.

ich habe nicht an dir vorbei geschaut auf die tristen gestalten an der bar. auch nicht auf die ergrauten trockenblumen an der wand. ich habe nicht an dir vorbeigeschaut aus angst, dass meine augen zuviel erzählen. selbst wenn wir uns getroffen hätten, hätte ich das nie getan. ich weiss doch ganz genau dass augen nicht reden.

zigarette. rauch. tief dort wo alles leer ist. gut. gut zum goldgeschmack. die möwe schreit. die oder eine andere.

du hast nicht den kopf sinken lassen und die hand davor gelegt als schatten. ich hab nicht meine hand auf deinen arm gelegt und darüber nachgedacht, was ich jetzt sagen soll. ich habe nicht hilflos wütend gedacht, dass jede andere genau wüsste, was jetzt zu sagen ist. du hast nicht tief geatmet. und du hast nicht gesagt "komm lass uns gehen".

augen geschlossen. bunte schatten. wein läuft über, angenehm kühler tropfen auf der haut. ungerauchter zigarettenrauch steigt nach oben. ins nichts.

wir sind nicht still nebeneinander her gelaufen, in dicken daunenjacken, unter dem dezembermond. nicht bis zu dieser kreuzung. du hast nicht deinen arm um mich gelegt zum abschied. da war kein warmer hauch an meiner stirn, 3 kostbare atemzüge lang. du hast nicht in mein ohr geflüstert: "danke". du bist nicht gegangen. nicht ohne dich noch einmal umzudrehen.

noch ein mundvoll sonnengelb.glas klirrt über die brüstung. arme verschränkt, als wäre es kalt. es ist nicht kalt. hier draußen nicht.


 
 o